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Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten.
Alles ist mir erlaubt, aber nichts soll Macht über mich haben (1. Kor 6,12)
Wie in kaum einer Zeit vor uns wehren wir Menschen uns gegen alle Gesetze Gottes, die wir so dringend brauchen, durch die wir wieder heil werden würden. Ohne Gesetze können wir aber nicht leben oder auch nur überleben. In der großen Politik gibt es die einen, die gute Gesetze blockieren. Und die anderen, die nach immer mehr Gesetzen rufen und immer mehr verbieten wollen. Und fast alle sind sich einig, dass die guten Gesetze Gottes beseitigt werden müssen. Ich fürchte, an diesem Streit zerbrechen wir als Volk noch. „Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande“ rief Papst Benedikt XVI eben unserer Regierung am 22. September 2011 zu. Ein Zitat des Kirchenvaters Augustin. Ein paar Monate davor hatte diese Regierung ein Gesetz verabschiedet, dass vorgeburtliche Untersuchungen erlaubt, die Abtreibung kranker Kinder ermöglichen.
Auch unter Christen gibt es solche, die sich alle Freiheiten nehmen und nur noch die Liebe als Maßstab gelten lassen wollen. „Liebe und dann tue, was du willst!“ zitieren sie dann auch wieder den Kirchenvater Augustin. Und zitieren ihn falsch. Das hat Augustin nicht gemeint. Er schrieb: „Wertschätze und dann tue, was du willst. Nicht „ama et fac quod vis!“, sondern „dilige et quod vis fac!“ Die „Liebe“ ist kein Freifahrschein zum Brechen der Gesetze Gottes. Kein Freibrief zur Verachtung. Unter Christen gibt es auf der anderen Seite auch solche wie die Pharisäer. Sie machen für alles Gesetze und Gebote und Regeln. Bis der Mensch kaum mehr atmen kann. Aber das sind nicht Gottes Gesetze. Gottes Gesetze machen frei.
Und mitten in diese Diskussion hinein spricht nun der Monatsspruch für den Monat Mai: „Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten. Alles ist mir erlaubt, aber nichts soll Macht über mich haben“ (1Kor 6,12). Ist wirklich „alles“ erlaubt? Der Zusammenhang des Textes sagt ganz klar, dass man das so nicht verstehen darf. Dieser Vers steht nach zwei größeren Texten über zwei wichtige ethische Themen: Da geht es zuerst das ganze Kapitel 5 durch um das Thema Unzucht. Paulus schreibt, dass es gerade auf dem Gebiet des Geschlechtlichen, auf dem das Thema des Liberalismus ja besonders heiß diskutiert wird, ganz klare Grenzen gibt: Unzüchtige und Ehebrecher werden das Reich Gottes nicht ererben, wie andere Sünder auch nicht (1Kor 6,9-10; besonders aber auch 1Ko 5,11-13). Dann in Kapitel 6 um das Thema, ob Christen ihre privaten Streitereien vor staatlichen Gerichten austragen dürfen (Verse 1-8).
Natürlich „dürfen“ Christen sich gegenseitig vors Gericht zitieren. Aber „es dient nicht zum Guten“. Nein, da wird oft alles noch viel schlimmer. Wieviel besser ist der Weg, der – um mit Augustin zu sprechen – den Anderen hochachtet und sich mit ihm versöhnen will! Auch zum Thema der Freiheit im Bereich des Geschlechtlichen spricht Paulus von der Freiheit. „Alles ist erlaubt!“ Freilich nur das „Alles“, was sich im Rahmen der Gesetze Gottes bewegt. Und: Diese Freiheit darf nicht dazu führen, dass sie mich in Bindungen und Sucht führt. „Nichts soll Macht über mich haben!“ Wenn man weiß, wie sehr Unzucht mit Sucht, ja, bisweilen mit Besessenheit zu tun hat, weiß man auch um die seelsorgerliche Weisheit dieses Wortes.
Gott meint es gut mit uns! Seine Gesetze machen frei und sind ein Segen.
Entsetzt euch nicht! Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten.
Er ist auferstanden, er ist nicht hier. (Mk 16,6)
Wer schon einmal einen lieben Menschen verloren hat, der weiß, wie es einem da geht. Der tiefe Schmerz wird noch tiefer runtergedrückt. Muss noch tiefer runtergedrückt werden. Weil man funktionieren muss. Beerdigungsinstitut, Traueranzeigen, Traueranzeige, Ämter, Bank, und so weiter. Das Leben geht grausam weiter. Und die Routine an den ersten Tagen ist wie ein Korsett, das die Gefühle zusammenschnürt und runterdrückt.
Zwei der Frauen, die die Jesusbewegung logistisch und im Cateringbereich unterstützt hatten, zwei tatkräftige Frauen, ohne die die Männertruppe nicht funktioniert hätte, nahmen auch jetzt alles Nötige in die Hand. Keine Zeit zum Trauern. Das Schlimmste war passiert. Nicht nur irgendein lieber Mensch war gestorben, sondern der liebste und beste Mensch überhaupt, der Messias, Gottes größtes und einmaliges Geschenk an die Menschheit. Und nicht nur gestorben, sondern Schimpflicht hingerichtet. Das Ende des Heils, das Gott seinem Volk gesandt hatte. Das Ende dreier aufopferungsvoller Jahre, dreier Jahre voller Hoffen und Bangen und wieder Hoffen.
Das ganzen Samstag machten sie Pläne. Was braucht man zum Einbalsamieren des Leichnams? Wie stellt man die Salben her? Wo kauft man die Zutaten? Dann endlich Sonntagmorgen, der erste Tag der Woche. Vor Tagesanbruch Vorbereiten, dann raus zum Grab. „Wir wissen nicht mal, wie wir da reinkommen sollen, in das Grab. Der Stein ist viel zu schwer, die Soldaten viel zu stark. Und wo sind die Männer, wenn man sie braucht?"
Die Sorgen, die viele Arbeit, die Konzentration auf das Wesentliche halten die Trauer nieder. Da ist es wieder, das Korsett, das die Trauer einschnürt, das die Trauer erträglich macht.
Und dann ist der Stein weg, die Soldaten sind weg, der Leichnam ist weg, die Sorgen sind weg. Denn das weiße Feierkleid des Mannes, der da im Grab sitzt, sagt es unmissverständlich: Gottes neue Welt hat begonnen. Der Tod ist vorbei, fertig, tot der Tod. Alles ist gut! Und in dem Moment ist das Korsett weg. Die Trauer, die Angst, alles bricht aus ihnen heraus, von ganz tief unten. Sie sind entsetzt, erschüttert, es schüttelt sie, es zerreißt sie, sie sind außer sich, haltlos zitternd halten sie einander fest.
„Er aber sprach zu ihnen: Entsetzet euch nicht! Ihr suchet Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden und ist nicht hier. Siehe da die Stätte, da sie ihn hinlegten!“ Der Monatsspruch für März aus Markus 16,6 greift der Osterbotschaft schon vor. Wenn diese Osterbotschaft etwas zum Begreifen wäre, dann hätten es die beiden Marias angesichts des leeren Grabes und des Engels ja begreifen, verstehen können. Was sie sagen, tröstete sie ja nicht, es machte sie ja erst recht fassungslos.
Aber bei der Osterbotschaft geht es um etwas ganz anderes. Nicht um Begreifen, sondern um ein Ergriffenwerden. Gott greift nach den beiden Marias durch sein kraftvolles Wort: „Entsetzt euch nicht!“ Er greift nach ihnen in ihrer Trauer, ihrer Angst, ihrer Verunsicherung. Das Korsett brauchen sie nicht mehr. Jetzt fangen sie an, bestimmt von Ostern zu leben. Ohne Korsett, gehalten von Gottes Wort.
Bis heute greift er nach uns durch sein kraftvolles Wort. Allein, wollen wir bestimmt von Ostern leben? Gehalten von Gottes kraftvollem Wort? Trauer spüren und nicht mit Arbeit wegdrücken? Angst durchstehen und nicht mit einem vollen Terminkalender unterdrücken? Unsicherheit aushalten und nicht mit Aktivismus kontrollieren wollen?
Ich lade Euch ein zu einem ehrlichen, authentischen, freien, österlichen Leben! Gehalten von Gottes kraftvollem Wort: „Entsetzt Euch nicht!“